„Ich möchte den Hafen von Rotterdam nachweislich verbessern“
Lesedauer: 6 Minuten
Sie liebt moderne Technologien und setzt auf Künstliche Intelligenz (KI). Ihr Motto lautet Learning by doing, und sie arbeitet mit einem vielfältigen Team und Interessenvertretern außerhalb des World Port Center zusammen. Ihr Ziel: die Emissionen im Rotterdamer Hafen zu senken, wobei die Digitalisierung die treibende Kraft sein soll. „So können wir den Hafen besser machen“, erklärt Saskia Mureau, Director Customer Digital bei der Port of Rotterdam Authority.

„Die Reduzierung der Emissionen in unserem Hafen ist nicht länger ein Beifang, sondern das Ziel. Das spiegelt sich auch in der neuen Geschäftsstrategie der Port of Rotterdam Authority für den Zeitraum 2025–2029 wider. Es ist ein Riesenschritt nach vorn, den wir jetzt in die Tat umsetzen müssen“, sagt Saskia.
ChatGPT im Gegensatz zu Google
„Woher meine Leidenschaft für Technik kommt? Ich war schon immer davon fasziniert, die Dinge einfacher zu machen. Ich hatte von klein auf mit Computern zu tun und auch meine Eltern sind beide kreativ, wenn es darum geht, Lösungen zu entwickeln und zu schaffen“, erzählt Saskia. Sie benutzt kaum noch Google, sondern nur noch KI-Tools. „Ich google höchstens, um Unternehmensdetails nachzuschlagen, wie in den Gelben Seiten.“ Für sie ist KI zweifellos die durchschlagende Technologie, die unser Leben so stark beeinflussen wird wie einst Elektrizität und Dampf. Sie sieht voraus, dass KI im Rotterdamer Hafen und in den Lieferketten in hohem Maße eine wichtige Rolle spielen wird, vor allem im Bereich der dynamischen Planung. „Die Partner in den Lieferketten werden ihre Daten in Echtzeit miteinander teilen. Dadurch werden Produktions- und Logistikprozesse schneller und effizienter, und das führt zu weniger Emissionen“, erklärt Saskia.
Intelligente Lösungen
Im Rotterdamer Hafen arbeiten Saskia und ihr 24-köpfiges Team und andere Beteiligte täglich daran, in den Ökosystemen der Logistik (Hafenanläufe, Transportmodalitäten) und der Industrie (Energiesystem) intelligente Lösungen für die Energiewende im Hafen zu finden. Saskia gibt mehrere Beispiele dafür, wie man mit digitaler Unterstützung messbar intelligentere, energieeffizientere und umweltfreundlichere Entscheidungen in der Logistik und der Industrie trifft und weiterhin treffen kann.
App Port Alert
„Nehmen wir zum Beispiel die Suche nach einer Antwort auf die Frage: Wie können wir Wartezeiten und Staus bei der Abholung von Containern an den Terminals sicher verringern und gleichzeitig den Betrieb der Terminals aufrechterhalten? Gemeinsam mit Portbase und Transport Logistiek Nederland haben wir zu diesem Zweck die App Port Alert entwickelt, die in Echtzeit über Verspätungen und Störungen im Hafen benachrichtigt. So kann man als Frachtführer oder Reederei bessere Transportentscheidungen treffen“, betont Saskia.
Pilotprojekt Just-in-Time-Schifffahrt
Um den Rotterdamer Hafen noch weiter zu verbessern, arbeitet Saskias Team in Zusammenarbeit mit dem Team des Hafenmeisters derzeit an einer digitalen Unterstützung für die Just-in-Time-Schifffahrt. Dabei wird die Fahrgeschwindigkeit an die Ankunftszeit im Hafen angepasst. Dies kommt auch der Energiewende zugute, da die Emissionen durch die Just-in-Time-Schifffahrt reduziert werden. Saskia: „Wir wollen die Emissionen in der Schifffahrt um 20 Prozent senken. Derzeit führen wir ein Pilotprojekt mit dem Frachteigner Vitol und dem Tankterminalbetreiber Vopak durch. Wir suchen gemeinsam nach guten Vereinbarungen darüber, wer von der Just-in-Time-Schifffahrt profitiert. Die Ergebnisse dieses Pilotprojekts werden voraussichtlich in den kommenden Monaten vorliegen.“
„Ein Pluspunkt ist auch, dass die Energiepreise sinken“

Netzüberlastung verhindern
Außer der Suche nach Digitalisierungslösungen für die Just-in-Time-Schifffahrt arbeiten Saskia und ihr Team an einer digitalen Unterstützung für die Industrie im Rotterdamer Hafen. „Warum? Für die Energiewende im Industriecluster wird viel Strom benötigt“, erklärt Saskia. „Zum Beispiel Strom für E-Boiler, Wärmepumpen und Elektrolyse für die Wasserstoffproduktion. „Wir müssen diese Elektrizität verfügbar machen. Zum Teil ist sie in den Verträgen der Unternehmen festgelegt. Deshalb führen wir jetzt ein Pilotprojekt mit sechs großen Industrieunternehmen in der Region Botlek durch, um die Effizienz zu verbessern und auf diese Weise auch die Überlastung des Netzes zu verhindern. Wir haben außerdem gerade einen funktionierenden Prototyp mit einem digitalen Modell einiger neuer Unternehmen, die sich im Hafen niederlassen wollen, aber durch die Netzüberlastung aufgehalten werden, entwickelt. Damit können wir überprüfen, zu welchen Zeiten die einzelnen Unternehmen am besten Energie verbrauchen oder produzieren. So können wir Spitzenlasten abbauen. Wir hoffen, dass dadurch mehr Energie verfügbar wird, die für die Energiewende benötigt wird. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Energiepreise sinken werden. Wir sind jetzt schon über ein Jahr dabei. Die Ergebnisse erwarten wir bis Mitte 2025“, sagt Saskia.
Kraft der Innovation
Eine der Herausforderungen bei ihrer Arbeit, so Saskia, sei die Frage, ob man in zukünftige Innovationen investieren solle oder nicht: „Wann wartet man und wann eilt man dem Markt voraus? Was wir gelernt haben, ist, dass die Innovationskraft im Markt liegt. Wir haben in diesem Jahr mehr als 160 Start-ups und Scale-ups kennengelernt. Aus diesen wählen wir aus, wenn wir ein Projekt oder ein Pilotprojekt mit dem Markt starten. Auf diese Weise müssen wir das Rad nicht neu erfinden.“ Saskia hat bereits viel mit Start-ups gearbeitet und digitale Tools für neue Dienstleistungen für Kunden eingesetzt. „Bevor ich zur Port of Rotterdam Authority kam, arbeitete ich 20 Jahre lang bei Shell. Dort schrieb ich die weltweit erste digitale Strategie für den Shell-Konzern, die ich dann auch für den B2B-Bereich umsetzen durfte.“
Für das Team da sein
Saskia ist stolz auf das, was sie mit ihrem Team erreicht hat, aber auch auf die Tatsache, dass sie ein so diverses Team innerhalb der Port of Rotterdam Authority leitet. „Ich sorge für eine große Vielfalt in meinem Team, denn ich glaube, dass man in einer diversen Gruppe mehr man selbst sein kann, egal ob es um Nationalität, Alter, multikulturellen Hintergrund und/oder Geschlecht geht.“ Sie kümmert sich auch im wahrsten Sinne des Wortes um ihr Team. „Zum Beispiel ermutige ich Männer und Frauen in meinem Team, Elternzeit zu nehmen. Indem ich offen über meine Erfahrungen mit IVF-Behandlungen spreche, hoffe ich auch, anderen, in diesem Fall Frauen, helfen zu können.“ Saskia hat zum Beispiel an einem Podcast mitgewirkt in dem sie über ihre Erfahrungen mit IVF spricht. Inzwischen sei ihre Tochter schon 9 Jahre alt, erzählt sie strahlend. Darüber hinaus versucht sie, viel in der Öffentlichkeit zu sprechen, um weibliche Führungskräfte zu ermutigen.

Blick in die Zukunft
„Wenn ich mir die nächsten fünf Jahre vorstelle, dann hoffe ich, dass die Digitalisierung einen großen Beitrag zur Verwirklichung der neuen Geschäftsstrategie der Port of Rotterdam Authority in Bezug auf Nachhaltigkeit, Belastbarkeit und Ertragsfähigkeit geleistet haben wird.“ Auch privat möchte Saskia einen Beitrag zu einer besseren Zukunft leisten: „Wir haben uns vor Jahren gegen ein zweites Auto entschieden, obwohl dies unsere Logistik erheblich erleichtern würde. Wir lösen das Problem mit Fahrrädern, öffentlichen Verkehrsmitteln und geteilten Motorrollern. Das ist manchmal ein bisschen kompliziert, aber es ist besser für die Umwelt. Ich versuche auch, Kleidung zu kaufen, die nachhaltiger ist, und ich bemühe mich, dass meine Sachen länger halten. Was die Technik angeht, bin ich ein Fan von Marktplaats, wo ich Produkte kaufe und wieder verkaufe, auch wegen der Kreislaufwirtschaft.“ Ihr persönlicher Wunsch für den Hafen in fünf Jahren? „Dass ich den Hafen ein Stück weit besser gemacht habe.“
Dünung
In dieser Rubrik trifft man Menschen, die sich für intelligente und nachhaltige Lösungen im Hafen und für die Erde allgemein einsetzen. Lassen Sie sich von ihnen inspirieren und helfen sie mit, diese Lösungen umzusetzen.