Der Containerumschlag im Rotterdamer Hafen nimmt wieder zu: Was bedeutet das für die Zukunft?

6 März 2025
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Zum ersten Mal seit drei Jahren ist die Containerumschlagmenge im Rotterdamer Hafen im Jahr 2024 wieder gestiegen, wobei Konsumgüter und Lebensmittel die wichtigsten Antriebsfaktoren sind. „Das könnte ein Vorbote für weiteres Wachstum sein, vor allem dann, wenn bald alle geplanten Kapazitätserweiterungen realisiert worden sind“, prognostiziert Frank van der Laan, Senior Advisor Business Intelligence bei der Port of Rotterdam Authority. Er meint, dass neue Reedereibündnisse ebenfalls Gutes für Rotterdam verheißen: „Aber es bleiben Unsicherheiten, insbesondere auf geopolitischer Ebene.“

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Nach mehreren Jahren des Rückgangs verzeichnet der Containermarkt im Jahr 2024 ein Wachstum von 2,8 Prozent. Ein bescheidenes, aber deutliches Wachstum. Schließlich transportieren Container vor allem lebenswichtige Güter wie Lebensmittel, Medikamente und Halbfabrikate für die europäische Industrie und sind ein wichtiges Verbindungsglied sowohl im Export als auch im Import.

„Vor allem durch das Wirtschaftswachstum und den höheren Verbrauch sind die Mengen für das Hinterland gestiegen“, erklärt Van der Laan. Ihm zufolge waren die letzten Jahre ziemlich außergewöhnlich. „Covid verursachte zunächst eine kurzzeitige Talfahrt, aber schon bald war der Verbrauch wieder extrem hoch und die Mengen stiegen stark an, denn das Geld konnte nicht mehr für Dienstleistungen ausgegeben werden. Im Jahr 2022 war die Covid-Periode vorbei und das Ganze kippte, teilweise auch wegen des russischen Einmarschs in die Ukraine.“

Für das Containeraufkommen im Rotterdamer Hafen bedeutete dieser Angriff einen großen Einbruch, da bis dahin acht Prozent der Umschlagmengen mit Russland verbunden waren und viele Container aus Asien über Rotterdam nach St. Petersburg verschifft wurden. Außerdem stiegen infolge des Krieges die europäischen Energiepreise und die Kaufkraft – und damit der Verbrauch – geriet unter Druck. Diese Talfahrt endete im Jahr 2024. Vor allem Konsumgüter wie Elektronik, Möbel, Haushaltsgeräte und Haushaltswaren (+17 %) und Lebensmittel (+7 %) seien gefragt, stellt Van der Laan fest: „Nur hochwertige Exporte aus Europa hinken hinterher. Vor allem europäische Produktionsunternehmen, die viel Energie verbrauchen, wie die Automobilindustrie, die chemische Industrie und der Maschinenbau, sind in einer schwächeren Position als ihre Konkurrenten in anderen Teilen der Welt.“

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Transshipmentströme bleiben weiter zurück

Obwohl das gesamte Containerumschlagsvolumen in Rotterdam gestiegen ist, bleiben die Transshipmentströme (siehe Kasten „Transshipment erklärt“) weiterhin zurück. Van der Laan sieht dafür vor allem zwei Gründe: „Die weltweite Nachfrage ist stark gestiegen, um 7,4 Prozent. Dies hatte zur Folge, dass Reedereien und Terminals eine große Menge an zusätzlichem Volumen zu bewältigen hatten. Die Überkapazitäten, die es gab, wurden jedoch durch den Wegfall der Suez-Route mit einem Schlag zunichte gemacht. Die Reedereien fahren um Afrika herum, was die gesamte Fahrzeit um 18 Tage verlängert und zwei bis drei zusätzliche Schiffe pro Fahrt erfordert. Diese zusätzlichen Schiffe sind nicht in diesem Umfang vorhanden, so dass Dienste ausfallen und die Auslastung der Schiffe, die tatsächlich fahren, steigt. Zudem war es um die Pünktlichkeit äußerst schlecht bestellt. 2024 kam nur eines von fünf Schiffen aus Asien pünktlich an. Auch weil einige wichtige Knotenpunkte, u. a. im westlichen Mittelmeer, durch die Umwandlung der Handelsrouten sehr ausgelastet sind. Wenn die Schiffe ankommen, müssen auch viele Container entladen werden. Dies setzt die Produktivität und den Umschlag in den Terminals unter Druck, und in der Regel wird ein Hafen gewählt, in dem noch Kapazitäten für den Umschlag verfügbar sind. Im Gegensatz zu den meisten Hinterlandströmen kann das Umschlagvolumen nämlich in mehreren Häfen abgewickelt werden.“

Transshipment erklärt

Eine Transshipment-Fracht ist eine Fracht, die für eine Region bestimmt ist, die für große Deepsea-Schiffe nicht zugänglich ist. Diese Schiffe laufen eine begrenzte Anzahl von größeren Häfen in Nordwesteuropa an, darunter Rotterdam. In diesen größeren Häfen wird die Fracht auf kleinere Containerschiffe, auch Feeder genannt, umgeladen und zu ihrem endgültigen Bestimmungsort transportiert oder umgekehrt. Beispiele für Länder, die per Transshipment angelaufen werden, sind Norwegen, Finnland, Irland und die baltischen Staaten.

„Umschlagmengen kehren wieder“

Im Übrigen erwartet Van der Laan, dass das Feeder-Volumen zurückkehren wird: „Die Basis ist da: Rotterdam bietet guten Tiefgang für große Schiffe, gute moderne Terminals und gute Hinterlandverbindungen. Auch bei der Digitalisierung, die für eine optimale Lieferkette unerlässlich ist, haben wir die Nase vorn. Außerdem hebt sich Rotterdam von anderen Häfen ab, wenn es um die Entwicklung von Kapazitäten geht. Sobald alle Terminalinvestitionen auf der Maasvlakte abgeschlossen sind und wieder ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, wird dies unsere ohnehin schon einzigartige Position stärken, und die Umschlagströme werden nach meiner Einschätzung wieder zurückkehren.“

Suez-Route stärkste Auswirkung

Natürlich bestehen nach wie vor Unwägbarkeiten, wie mögliche Handelsbarrieren und geopolitische Entwicklungen. „Zölle seitens der USA könnten das Containervolumen beeinflussen. Und obwohl der US-Markt für Rotterdam mit 6 bis 7 Prozent relativ klein ist, könnten die Auswirkungen für einige Parteien durchaus erheblich sein“, so Van der Laan.

Weitaus größer sind die Auswirkungen der Entwicklungen im Nahen Osten. Mehr als 50 Prozent aller in Rotterdam umgeschlagenen Container kommen aus Asien. „Es wäre absolut positiv für Rotterdam, wenn sich das Rote Meer wieder öffnen würde, die Lieferketten buchstäblich und im übertragenen Sinne in ruhigeres Fahrwasser kämen und die effektiven Kapazitäten wieder zunehmen würden“, ist sich Van der Laan sicher. „Im Moment warten die Reedereien ab, ob der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas hält und wie sich dieser entwickelt. Sollte die Route wieder geöffnet werden, wird das die Lieferketten mit schnelleren Transitzeiten und damit niedrigeren Transportkosten normalisieren. Es gibt Anzeichen dafür, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein könnte.“

Neue Allianzen positiv für Rotterdam

Wo die Reedereien jedoch bereits Nägel mit Köpfen gemacht haben, sind die Allianzen. Im Jahr 2025 wird es eine umfassende Neuordnung der Zusammenarbeit zwischen den Reedereien geben. Diese Neuordnung und insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Hapag Lloyd und Maersk werde sich positiv auf Rotterdam auswirken, prognostiziert Van der Laan: „Gemini entscheidet sich für ein Hub-and-Spoke-Modell, bei dem nur einige wenige Häfen als Hubs angelaufen werden und von dort aus das Volumen auf andere (Spoke-)Häfen verteilt wird. Während Antwerpen und Le Havre Spoke-Häfen sind, bleibt Rotterdam ein wichtiger Hub.“ Auch für die anderen Allianzpartner bleibt Rotterdam ein wichtiger Ausgangshafen.

Wenn es keine größeren geopolitischen oder wirtschaftlichen Störungen gibt, dürfte der nordwesteuropäische Containermarkt in den kommenden Jahren um 2 bis 3 Prozent wachsen, erwartet Van der Laan. „In den nächsten Jahren stimmt Rotterdam mit dieser Erwartung überein, aber sobald sich die Lieferkette normalisiert hat und die Kapazitätserweiterungen abgeschlossen sind, rechnen wir mit einem Wachstum, das den Markt übertrifft“, schließt er ab.

Bereit für die Zukunft

Um dieses Wachstum zu ermöglichen, wird die Containerkapazität im Rotterdamer Hafen ausgebaut, und zwar nachhaltig und auf dem vorhandenen Areal. Dazu muss die Kapazität der Hinterlandkette zusammen mit der Kapazität der Seeseite mitwachsen. Andernfalls wird alles zum Stillstand kommen. Die Entwicklung und Implementierung intelligenter Datenlösungen, wie Rail Connected, Routescanner, Nextlogic, PortAlert und die Entwicklungen bei Portbase , leisten in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag. Ebenso wie die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Parteien der Kette.

Darüber hinaus hat die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hafens Priorität, damit das wachsende Containervolumen weiterhin so (kosten-)effizient und zuverlässig wie möglich im Hafen abgefertigt und ins bzw. aus dem Hinterland transportiert werden kann. Es gibt auch Bemühungen, die gesamte Kette nachhaltiger zu gestalten. Die Erweiterung der Containerterminals wird vollständig CO2-neutral sein, Landstrom wird installiert und es wird ein Übergang zu neuen Kraftstoffen für den Transport erfolgen. Der Sektor steht an der Schwelle zu einem Systemwandel, wobei multimodale Entscheidungen für Verbesserungen unerlässlich sind. Die Port of Rotterdam Authority sieht die Lieferkette nicht als getrennte Modalitäten, sondern als ein zusammenhängendes Ganzes. Eine starke Infrastruktur ist unverzichtbar. Ohne sie sind Fortschritte bei der Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Effizienz nicht möglich.