Win-win-Situation für den Hafen und Asylberechtigte
Anerkannten Asylberechtigten einen Arbeitsplatz verschaffen und zugleich qualifiziertes Personal für die Rotterdamer Hafenindustrie finden – das ist das zweifache Ziel der Initiative „Port of Opportunities“, die inzwischen bereits 20 Fachkräften zu einer Arbeitsstelle verholfen hat. Der Hafenbetrieb hat dieses Konzept gemeinsam mit der Karriereplattform „Watertalent“ entwickelt und hat auf diese Weise auch selbst schon drei neue Mitarbeitende gefunden. Einer von ihnen ist Majed Cori.
Majed ist Bauingenieur. 2018 musste er aus seiner Heimat Syrien flüchten; in den Niederlanden fand er zunächst eine Stelle als Arbeitsvorbereiter. Er lernte die niederländische Sprache und ist nun über „Port of Opportunities“ als Konstrukteur beim Hafenbetrieb Rotterdam tätig. „Es freut mich sehr, dass ich wieder meinen eigenen Beruf ausüben kann“, erklärt Majed. „Die Welt der Kaimauern, Anlegestellen, Dalben und anderen Hafenobjekten ist zwar neu für mich, aber dank meiner Kenntnisse als Bauingenieur und meiner Erfahrung mit Autocad kann ich mich schnell einarbeiten. Die Dimensionen im Hafen sind ganz anders als in Syrien; das größte Gebäude, an dem ich dort jemals gearbeitet habe, war etwa 20 Meter hoch. Zum Glück bieten mir meine neuen Kollegen viel Unterstützung. So kann ich mich gut mit der Welt des Hafens und mit dem Jargon vertraut machen. In Syrien habe ich als Projektmanager bei einem Ingenieurbauunternehmen gearbeitet. Als der Krieg ausbrach, habe ich unter lebensgefährlichen Bedingungen Menschen geholfen, die obdachlos geworden waren. Später hatte ich wegen des Kriegszustands keine Chance mehr auf einen Arbeitsplatz.“ Nach seiner Flucht in die Niederlande meldete sich Majed sofort zu einem Sprachkurs an. „Diesen Tipp möchte ich allen Asylberechtigten mitgeben: lernt so schnell wie möglich die Sprache. Das verbessert nicht nur die Chancen auf einen Arbeitsplatz, sondern sorgt auch für mehr Ruhe im Kopf. Denn wenn man zu Hause Arabisch spricht, bei der Arbeit Englisch und nur im Alltag Niederländisch, wird das schnell zu viel.“
Fachwissen
Majed arbeitet beim Hafenbetrieb als Autocad-Zeichner von Hafenobjekten. In Syrien dagegen war er sowohl Entwickler als auch Vorbereiter und Bauleiter bei technischen Projekten. „Es ist nicht einfach, hier dieselben Tätigkeiten auszuüben, da meine Ausbildung hier nicht bekannt ist und nicht anerkannt wird. Ich hoffe, dass ich durch diese Chance meine Fähigkeiten unter Beweis stellen und mein Arbeitsfeld erweitern kann.“
Arbeitskräftemangel
Arjen van Tilborg, Berater für soziale Innovation beim Hafenbetrieb: „Wir wollen die Chancen anerkannter Asylberechtigter auf eine Arbeitsstelle im Rotterdamer Hafen verbessern. Die aktuelle Lage in der Ukraine bietet in Kombination mit dem hiesigen Arbeitskräftemangel gute Möglichkeiten dafür. So wurde zusammen mit ‚Watertalent‘ das Konzept ‚Port of Opportunities‘ entwickelt. Wir haben uns gleich an die Arbeit gemacht und inzwischen schon 20 Arbeitskräfte vermittelt. Unser Ziel ist es, innerhalb eines Jahres 100 zu erreichen.“
„Das Projekt ‚Port of Opportunities‘ zielt in erster Linie darauf ab, Asylberechtigte für eine Stelle oder eine praktische Ausbildung im Rotterdamer Hafen zu gewinnen“, erklärt Berater Renée Rotmans, der zusammen mit Arjen das Team Soziale Innovation bildet. „Zugleich versuchen wir die Arbeitgeber im Rotterdamer Hafen zu überzeugen, dass es sich lohnt, anerkannten Asylberechtigten in ihrer Organisation eine Chance zu bieten. So koppeln wir Asylberechtigte an Arbeitgeber im Hafen; anschließend begleiten wir sie bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung.“
Die gesellschaftliche Aufgabe, im Rotterdamer Hafen mehr Asylberechtigten einen Arbeitsplatz zu bieten, führte zur Entstehung einer Community, der sich Arbeitgeber anschließen können, die zu einem inklusiveren Arbeitsmarkt beitragen wollen. Renée: „‚Port of Opportunities‘ wird auch von anderen Partnern in der Region unterstützt und ist damit Bestandteil der neuen Koalition ‚Arbeitskräfte für die Energiewende‘ (Human Capital Coalitie Energietransitie/HCCE), die im Januar von der Regierung und Vertretern des Bildungswesens und der Wirtschaft im Raum Rotterdam unterzeichnet wurde.“