„Rail Connected“ gut unterwegs
Das „Rail Connected“-Programm ging vor gut einem Jahr an den Start. Das Ziel wahr ehrgeizig: „Ein erster Schritt zur Förderung des Wachstums des Schienengüterverkehrs“. Wie sieht es nun, ein Jahr später, damit aus? Ein Update aus der Branche: „Wir haben lange darauf hin gearbeitet, und es ist erfreulich, dass der Anfang jetzt gemacht ist.“
Das Wachstumsprogramm „Rail Connected“ ging aus einem speziellen Maßnahmenpaket zur Stärkung des Eisenbahngüterverkehrs hervor. Finanziert wird es vom Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft und der Port of Rotterdam Authority. Der Port of Rotterdam Authority obliegt auch die Koordinierung des Programms; die Ausgestaltung erfolgt in Zusammenarbeit mit verschiedenen Marktakteuren.
Ziel des Programms ist es, mithilfe der Digitalisierung den Informationsaustausch zwischen Spediteuren, Schienenverkehrsbetreibern und Terminals zu straffen und so die Zahl der manuellen Handlungen zu reduzieren. Matthijs van Doorn, kommerzieller Geschäftsführer der Port of Rotterdam Authority, erklärte zum Start des Projekts: „Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehr weiter vorantreiben. Das kann uns nur gelingen, wenn wir die Effizienz, Transparenz und Zuverlässigkeit erhöhen. Und dazu sind Digitalisierung und Datenaustausch unverzichtbar.“
Voranmeldung
„Der Anfang ist gemacht“, erklärt Remmert Braat, der als Vertreter von Portbase, dem Anbieter des Port-Community-Systems, für die Entwicklung der digitalen Infrastruktur für das Rail-Connected-Programm verantwortlich ist. „Wir haben bei der Basis angefangen: der Voranmeldung der Züge. Einmal wöchentlich melden alle Bahnbetreiber auf elektronischem Wege die für die kommende Woche geplanten Züge an.“ Das klingt zwar wie ein kleiner Schritt, aber Niels Jansen, Netzwerkexperte beim Hutchison Ports Europe Intermodal, einem Anbieter von Bahn- und Binnenschifffahrtsdiensten, ist darüber hocherfreut. „Dieser Einblick ist für uns sehr hilfreich. Man sieht es sofort, wenn Zeitfenster freiwerden. Wir haben als Branche schon so lange versucht, dies zu organisieren, aber es hat immer einfach nicht geklappt. Aber jetzt ist es endlich so weit.“
Sein Kollege Raymon van Bokkem, Senior Business Consultant bei Hutchison Ports Europe Intermodal, meint, dass es gerade diese kleinen Schritte sind, die den Erfolg des Programms ausmachen. „Kleine Schritte führen schneller zu Ergebnissen. Natürlich verfolgen wir letztlich ein großes Ziel, aber das Wichtigste ist, erst einmal die Basis in Ordnung zu bringen; von dort aus können wir dann weitermachen. So kommt man wirklich vorwärts.“
Gemeinsames Interesse
Ein weiterer Grund für den Erfolg von Rail Connected ist, dass nun alle beteiligten Akteure gemeinsam am Tisch sitzen. Van Bokkem: „Wirklich jeder ist dabei, auch die Traktionsanbieter. Dank der Begleitung der Port of Rotterdam Authority und von Portbase ist es nun möglich, alles offen miteinander zu besprechen. Meiner Meinung nach ist das sogar noch wichtiger als die Entwicklung der technischen Lösungen. Man wird sich des gemeinsamen Interesses bewusst.“
Beim Start von Rail Connected hatten sich bereits neunzehn Akteure der Schienengüterverkehrsbranche dem Programm angeschlossen. Außer den Deepsea-Containerterminals RWG und Hutchison Ports ECT Rotterdam ging es dabei um Contargo, Combi Terminal Twente-Rotterdam, Danser Group, DB Cargo Nederland, DistriRail, European Gateway Services, Haeger & Schmidt Logistics, KombiRail Europe, LTE Logistics & Transport, Neska Intermodal, Optimodal, Portshuttle, Rail Force One, Raillogix, Rotterdam Rail Feeding, RTB Cargo und Trimodal Europe. Letztes Jahr schlossen sich fünf weitere Unternehmen an: ERS Railways, Lineas, Rail Service Center Rotterdam, DP World und APM Terminals Maasvlakte II. Damit ist ein großer Teil der Rotterdamer Schienengüterverkehrsbranche abgedeckt. Jansen hofft, dass sich auch die letzten verbleibenden Akteure schnellstmöglich zur Teilnahme entschließen. „Je höher die Beteiligung, desto größer unser gemeinsamer Effizienzvorteil.“
Rebecca McFedries vom Containerterminal RWG kann dies nur bestätigen: „Digitalisierung, Datenaustausch und Zusammenarbeit sind von entscheidender Bedeutung, wenn es um die Optimierung des Schienengüterverkehrs geht. Als Deepsea-Terminal halten wir es für wichtig, sich an Initiativen zu beteiligen, die den Gütertransport ins Hinterland verbessern.“
Excel-Dateien per E-Mail
Nachdem nun der erste Schritt, die Voranmeldung der Züge, realisiert wurde, sind die Arbeiten am zweiten Schritt schon in vollem Gang. „Bis Ende 2023 wollen wir online einen Einblick in die Zusammenstellung jedes Zugs verschaffen“, erklärt Remmert Braat von Portbase. „Dann ist sichtbar, welche Lok der Zug hat, wie viele Waggons jeder Art und mit welchen Containern jeder Waggon beladen ist.“
Djaswan Kowlesar, Head of Planning Operations NL beim Schienengüterverkehrsbetreiber RTB Cargo, sieht dieser Entwicklung erwartungsvoll entgegen: „Der digitale Austausch klarer Fracht- und Zuginformationen ist für uns als Traktionsanbieter sehr interessant. Bislang gehen die Frachtpläne der Züge beispielsweise noch per E-Mail im PDF- oder Excel-Format bei uns ein. Wir müssen dann die Ladegewichte von Hand berechnen und in unser System eingeben. Darüber hinaus kommt es auch immer wieder vor, dass unser Zugführer bei einer Kontrolle Abweichungen vom Frachtplan feststellt. Es wäre also äußerst praktisch und würde viel Zeit sparen, wenn die Terminals vorab online eine Liste verschicken würden, aus der klar hervorgeht, was tatsächlich geladen wurde.“
Gegenseitiges Vertrauen
„Wenn alle einen Einblick in die Zusammenstellung der Züge haben, erspart das eine Menge unnötiger Handlungen“, fügt van Bokkem hinzu. „Fehler werden eher entdeckt, die Kapazitäten viel besser genutzt und Ausfälle sind frühzeitig bekannt, wodurch noch andere Container eingeplant werden können. Wenn wir dieses System realisieren können, erhöht das nicht nur die Effizienz und Zuverlässigkeit des Schienengüterverkehrs an sich, sondern auch das gegenseitige Vertrauen zwischen allen Akteuren der Lieferkette. Das wäre wirklich ein enormer Fortschritt.“
Wie Susanne Smit, Programmmanagerin für die Port of Rotterdam Authority, erklärt, ist das aber längst nicht alles, denn inzwischen wurden schon Vorbereitungen für den dritten Schritt und weitere Entwicklungen getroffen. „Wir untersuchen nun, welche anderen manuellen Handlungen noch digitalisiert werden können, um den Schienengüterverkehr weiter zu verbessern. Zumindest ein Track-and-Trace-System für Züge ist auf jeden Fall noch geplant. Dann ist jederzeit feststellbar, wo sich ein Zug befindet und wann er voraussichtlich im Zielbahnhof eintreffen wird. In diesem Zusammenhang wollen wir auch enger mit ProRail kooperieren; sie können dann an den Rangierbahnhöfen Kameras und Sensoren installieren, die diese Entwicklung unterstützen. Auch mit dem Rail Network Europe suchen wir die Zusammenarbeit. Dann sprechen wir übrigens über die etwas fernere Zukunft. Ein wichtiger Zwischenschritt, den wir hierfür erst einmal schaffen müssen, ist die Vereinbarung von Standards. Was genau meinen wir mit den Begriffen, die wir verwenden? Das ist heute noch nicht einheitlich geregelt, und solange das so bleibt, ist es sehr schwierig, Prozesse zu digitalisieren.“
Vorhersagbarkeit
Im Schienengüterverkehr bleibt also noch viel zu tun. Gut ein Jahr nach dem Start des Programms herrscht angesichts der in Gang gesetzten Entwicklungen und der ersten Ergebnisse aber vor allem Optimismus. Van Doorn: „Die Transparenz und die Erkenntnisse, die uns die Digitalisierung bietet, verbessern die Vorhersagbarkeit des Schienengüterverkehrs. Das ermöglicht es, die Nutzung der Bahnstrecken und der Züge sowie den Personaleinsatz zu optimieren. Und das ist für alle Beteiligten eine positive Entwicklung.“